Rechenzentrumskühlung: DTC, Luft, Immersion – oder alle drei? __

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18. Juni 2025 4 min.

Die rasante Entwicklung rechenintensiver KI-Anwendungen zwingt Betreiber von Rechenzentren zu einem grundlegenden Umdenken bei der Kühlstrategie. Mit prognostizierten 463 Exabyte täglich zu verarbeitender Daten bis 2025 reicht klassische Luftkühlung nicht mehr aus – weder aus energetischer noch aus wirtschaftlicher Sicht.

Die Antwort darauf ist kein radikaler Technologiesprung, sondern eine gezielte Neuausrichtung: Moderne Kühlarchitekturen kombinieren Direct-to-Chip (DTC) Cooling, präzise Luftführung und Immersionskühlung zu einem hybriden Gesamtsystem. Doch wie unterscheiden sich diese Technologien – und wo liegen ihre jeweiligen Stärken, Schwächen und Einsatzgrenzen?

Dieser Blog analysiert die drei führenden Kühlverfahren anhand technischer Kennzahlen, wirtschaftlicher Implikationen und praktischer Einsatzszenarien. Ziel ist es, Ihnen eine belastbare Grundlage für Ihre technologieoffenen Investitionen zu bieten.

 

Direct-to-Chip Cooling: Thermische Kontrolle am Leistungsmaximum

Direct-to-Chip Cooling hat sich in den letzten Jahren zur bevorzugten Lösung für Hochleistungsanwendungen entwickelt. Das Grundprinzip: Dielektrisches Kühlmittel zirkuliert in geschlossenen Kreisläufen direkt über den wärmeerzeugenden Komponenten – typischerweise CPUs, GPUs oder AI-Beschleunigern –, abgeführt über sogenannte Cold Plates. Diese Anordnung maximiert den Wärmetransfer lokal am Hotspot und minimiert die Energieverluste im Gesamtsystem.

Die technischen Vorteile sind eindeutig:

  • Der Wärmetransfer ist laut aktuellen Daten bis zu 3.500-mal effizienter als bei luftbasierten Systemen
  • Der Stromverbrauch von Serverlüftern reduziert sich um bis zu 80 Prozent
  • Die Gesamteinsparung auf der Energieverbrauchsseite liegt bei durchschnittlich 10,2 Prozent
  • Rack-Dichten von über 120 Kilowatt sind realisierbar – ein entscheidender Faktor für moderne GPU-Cluster
  • Der Power Usage Effectiveness (PUE) sinkt auf 1,34; Scope-2-Emissionen können um rund 10 Prozent gesenkt werden – wichtig insbesondere bei CO₂-intensiver Stromerzeugung

Diese Vorteile machen DTC Cooling zur Referenztechnologie für alle Rechenzentren, die KI-Training, High-Performance-Computing oder andere hochdichte Workloads betreiben. Entsprechend dynamisch entwickelt sich der Markt: Mit einer prognostizierten durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate (CAGR) von 20,5 Prozent wird das globale DTC-Segment bis 2034 auf 11,89 Milliarden US-Dollar anwachsen.

Infrastrukturelle Umsetzung: Das richtige Rohrleitungssystem entscheidet

Ein nicht zu unterschätzender Faktor bei der Implementierung von DTC-Systemen ist die Wahl des Rohrleitungsmaterials. Die Temperatur- und Druckanforderungen, kombiniert mit der Notwendigkeit absoluter Dichtigkeit und Korrosionsfreiheit, machen metallische Rohr-Materialien ungeeignet. Hier bietet das Rohrsystem aquatherm blue die Lösung: Die Rohre aus PP-RCT sind dauerhaft leckagefrei, widerstehen dynamischen Drucklasten und eignen sich für geschlossene Flüssigkreisläufe.

Luftkühlung: Funktionserhalt durch Leckagekontrolle und thermische Restlasten

Trotz des Effizienzvorsprungs flüssigkeitsbasierter Systeme bleibt Luftkühlung ein unverzichtbares Element in der Kühlarchitektur moderner Rechenzentren. Ihre Rolle hat sich jedoch grundlegend verändert: Weg vom Primärsystem – hin zur gezielten Ergänzung für Restwärmeabfuhr, Infrastrukturanpassung und Übergangsmanagement.

Direct-to-Chip Cooling kann selbst bei idealer Implementierung durchschnittlich nur etwa 70 bis 75 Prozent der Gesamtwärmelast eines Racks eliminieren. Die verbleibenden 25 bis 30 Prozent entstehen durch thermische Leckage, Abstrahlung an die Umgebung oder periphere Komponenten außerhalb der Flüssigkreisläufe.

Typische Einsatzszenarien für Luftkühlung in hybriden Umgebungen:

  • Leckagemanagement: Hot-Aisle-Containment-Systeme reduzieren die Energieverluste durch Luftvermischung um bis zu 30 Prozent – ein kritischer Faktor für die Effizienz hybrider Kühlinfrastrukturen.
  • Abfuhr von Restwärme: Luftgekoppelte Systeme kompensieren die thermischen Rückstände, die trotz DTC-Kühlung an den Raum abgegeben werden.
  • Retrofit-Fähigkeit: In bestehenden Rechenzentren kann Luftkühlung als integratives Rückgrat genutzt werden, das flüssige Teilsysteme effizient ergänzt – insbesondere durch Liquid-to-Air-Hybride.

Zwei Entwicklungen sind dabei zentral:

  • Adiabatische Freikühlung, bei der Außenluft zur Kühlung genutzt wird, reduziert die Kompressorlaufzeit signifikant – bei gleichzeitig niedrigem Wasserverbrauch.
  • Luftführungssysteme mit aktiver Trennung von Zu- und Abluft senken die Kühlkosten um 20 bis 40 Prozent, insbesondere in hochverdichteten Racks.


Integrierte Flächenkühlung: Ergänzung für thermische Gleichverteilung

Wo punktuelle Hotspots im Raum auftreten – etwa bei nicht abgedeckten Einbauten, Stromverteilungen oder Wandnähe – kann Flächenkühlung zur thermischen Entzerrung beitragen. Das Flächenheiz- und Kühlsystem aquatherm black, ursprünglich für Niedertemperaturflächenheizungen konzipiert, ist auch in der reversiblen Kühlung einsetzbar: modular aufgebaut, platzsparend installierbar und mit konstanter Temperaturverteilung. Besonders in Retrofit-Projekten bietet diese Lösung eine Möglichkeit, Luftsysteme raumseitig zu entlasten.

Immersionskühlung: Für KI-Zonen mit extremer Leistungsdichte

Immersionskühlung steht für einen Paradigmenwechsel: Statt die Wärme an Bauteiloberflächen abzuführen, werden Server vollständig in ein elektrisch nichtleitendes Kühlfluid getaucht. Dieses Verfahren reduziert die Anzahl thermischer Übergänge auf ein Minimum und erschließt damit Effizienzreserven, die selbst moderne DTC-Systeme nicht mehr erreichen.

Die Zielanwendungen sind eindeutig: High-Density-Workloads mit GPU-Arrays über 350 W pro Einheit, speziell im Umfeld von KI-Training, maschinellem Lernen und Inferenz in Echtzeit. In solchen Umgebungen übersteigt die spezifische Wärmebelastung pro Rack häufig 100 kW – ein Niveau, bei dem herkömmliche Luft- oder sogar DTC-Lösungen strukturell an ihre Grenzen stoßen.

Technologischer Vorteil: Minimierung mechanischer und elektrischer Komplexität

  • Lüfter entfallen vollständig – was nicht nur Energie spart, sondern auch Ausfallrisiken senkt
  • Die Wärmeübertragung erfolgt unmittelbar durch das umgebende Fluid – bei gleichzeitig vollständiger elektrischer Isolierung
  • Durch geschlossene Kreisläufe wird keine Feuchtigkeit abgeführt – das System ist unabhängig von Umgebungsluftfeuchte oder -qualität

Markt und Implementierungsbeispiele

Die Technologie gilt derzeit noch als Nischenlösung, wächst jedoch dynamisch:

  • Das Marktvolumen lag 2024 bei 251,15  Mio. Euro
  • Prognostizierte durchschnittliche jährliche Wachstumsrate (CAGR): 23,6 %
  • Microsoft setzte bereits 2021 ein geschlossenes Zweiphasensystem ein, bei dem Serverwärme das Fluid zum Sieden bringt – der Dampf kondensiert an Überkopf-Coils, PUE <1,1

Planungstechnische Herausforderungen

Die Integration von Immersion Cooling stellt hohe Anforderungen an Infrastruktur und Material:

  • Elektrisch nichtleitende Fluide müssen mit kompatiblen Rohrsystemen geführt werden
  • Die Wartung verändert sich grundlegend – direkte Eingriffe am Server erfolgen innerhalb des Fluids
  • Das Gewicht der gefüllten Tanks sowie die Wärmeabführung über Sekundärkreisläufe erfordern genaue statische und hydraulische Auslegung


Systemlösung: AQUATHERM BLUE in Immersion-Setups

Die Kühlung von Rechenzentren wird sich in den kommenden Jahren nicht durch disruptive Einzeltechnologien, sondern durch die systemische Kombination spezialisierter Verfahren weiterentwickeln. Die Richtung ist eindeutig: Hybridlösungen – bestehend aus Direct-to-Chip, Luftkühlung und Immersionskühlung – werden zum Standard für leistungsorientierte, skalierbare und nachhaltige IT-Infrastrukturen.

Drei Entwicklungslinien prägen diese Transformation: 

  1. Regulatorischer Druck als Katalysator für Effizienzstrategien
    Staatliche Programme wie „Coolerchips“ des U.S. Department of Energy definieren neue Zielmarken: Kühlenergie soll künftig unter fünf Prozent der IT-Last liegen – gegenüber heute teils zweistelligen Anteilen. Parallel gewinnen Zertifizierungen wie LEED, BREEAM oder DGNB an Gewicht – nicht nur als Nachhaltigkeitsnachweis, sondern zunehmend als Investitionskriterium institutioneller Kapitalgeber. Vor dem Hintergrund wachsender regulatorischer Anforderungen rücken nicht nur Energieverbrauch und Zertifizierungen, sondern auch die Materialwahl in den Blick. Unser Whitepaper zur Nachhaltigkeits- und Kostenberechnung von Rohrprojekten belegt, warum Kunststoffrohre im Bereich Kühltechnik sowohl ökologische als auch ökonomische Vorteile bieten.

  2. Materialtechnologie als Voraussetzung für Systemintegration
    Die physikalischen Anforderungen hybrider Systeme – insbesondere an Dichtigkeit, chemische Beständigkeit, thermische Stabilität und Montageflexibilität – machen klassische Metall-Werkstoffe zunehmend obsolet. Der Einsatz spezialisierter Polymerlösungen, wie bei aquatherm blue, reduziert hydraulische Druckverluste, verlängert Wartungszyklen und ermöglicht eine strukturintegrierte Rohrführung bei gleichzeitig vollständiger Korrosionsfreiheit. Zusätzlich erlaubt  aquatherm black die nachträgliche Integration flächengekoppelter Kühlflächen – etwa zur thermischen Entkopplung einzelner Räume oder Rackzonen.

  3. Systemisches Denken ersetzt komponentenbasierte Planung
    Zukünftige Kühlstrategien werden nicht mehr technologiezentriert geplant – sondern lastgesteuert, zonenbasiert und interoperabel. Die Kombination aus AI-gestütztem Monitoring, modularen Kühlkreisläufen und materialspezifischer Infrastruktur definiert eine neue Form der technischen Architektur: weniger als technisches Subsystem, mehr als energetisch-strategischer Backbone für datengetriebene Geschäftsmodelle.

 

Fazit: Kühlung wird zur Führungsentscheidung

Wer die Energieeffizienz, Skalierbarkeit und Betriebskosten seiner Rechenzentren optimieren will, muss Kühlung als strategische Disziplin verstehen. Die Herausforderung liegt nicht in der Wahl einer dominanten Technologie – sondern in der richtigen Kombination. Und in der Fähigkeit, Materialien, Systeme und regulatorische Anforderungen frühzeitig aufeinander abzustimmen. aquatherm liefert mit seinen Rohrleitungslösungen für Flüssig- und Flächenkühlung eine Grundlage für diese Zukunft.

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